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Der Diphterie-Ausbruch in Basel 2022 ist jetzt untersucht worden
Aus SRF 4 News aktuell vom 29.04.2024. Bild: Keystone/Michael Buholzer
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Ausbrüche in Asylzentren Impfen ist essenziell im Kampf gegen Diphtherie

2022 kam es in mehreren Asylzentren zu Diphtherie-Ausbrüchen. Eine Untersuchung ortet jetzt organisatorische Mängel.

Worum geht es? Eine Studie hat den Umgang mit der Infektionskrankheit Diphtherie in Schweizer Asylzentren untersucht. Im Sommer 2022 kam es in mehreren Asylzentren zu Ausbrüchen der Krankheit. Betroffen war etwa das Bundesempfangszentrum für Asylsuchende in Basel. Die Studie zeigt: Der Umgang mit der Krankheit im Asylzentrum in Basel hat Lücken. «Der Diphtherie-Ausbruch verlief deshalb glimpflich, weil sich viele kompetente Leute aus verschiedenen Institutionen persönlich stark engagiert haben», sagt Niklaus Labhardt, Chefarzt und Departementsleiter am Universitätsspital Basel – und selbst an der Studie beteiligt.

Was ist Diphtherie?

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Legende: Reuters/Lucy Nicholson

Die Infektionskrankheit Diphtherie wird vom Bakterium Corynebacterium diphtheriae verursacht. Die Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt meist durch Tröpfchen – etwa beim Sprechen, Niesen oder Husten. Dabei können auch Menschen, die selber (noch) keine Symptome zeigen, die Krankheit übertragen. Der Erreger produziert ein starkes Gift, das Organe wie Herz und Leber dauerhaft schädigt. Es gibt allerdings eine sehr wirksame Impfung, die vor der Erkrankung schützt.

Die Krankheit beginnt meist allmählich mit Halsschmerzen, Fieber und Schluckbeschwerden. Später treten Heiserkeit, pfeifender Atem und Lymphknotenschwellungen auf. Es entsteht eine Angina-ähnliche Mandel- und/oder Rachenentzündung. Mögliche Folgen sind schwere Atemnot bis hin zum Ersticken. Das vom Bakterium produzierte Gift kann zudem zu Herzmuskelentzündung oder dauerhaften Leberschäden führen.

Kinder sollten deshalb jeweils im Alter von zwei, vier und zwölf Monaten sowie im Alter von rund fünf und zwölf Jahren eine Impfung erhalten, empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit BAG. Zusätzliche Auffrischimpfungen sind im Alter von 25, 45 und 65 Jahren (also alle 20 Jahre) und anschliessend alle 10 Jahre empfohlen. Die Diphtherieimpfung wird je nach Alter in Kombination mit der Impfung gegen Starrkrampf, Keuchhusten, Kinderlähmung, Haemophilus influenzae Typ b sowie Hepatitis B empfohlen.

Wo sind die Lücken? Labhardt ortet Mängel in verschiedenen Bereichen: Die engen Platzverhältnisse im Basler Zentrum liessen kaum Raum, um infizierte Patienten zu isolieren. Zudem ist das Betreuungspersonal grundsätzlich stark ausgelastet – vor allem wegen der psychischen Probleme der Asylbewerbenden. «Es kommt fast täglich zu Suizidversuchen», so Labhardt. Ausserdem habe eine digitale Dokumentation der Art und Anzahl Krankheitsfälle gefehlt, ein stets aktuelles Monitoring des Diphtherie-Ausbruchs sei so praktisch unmöglich gewesen.

Das BAG empfiehlt, allen Asylsuchenden im Fall eines unklaren Impfstatus umgehend Nachimpfungen anzubieten.
Autor: Niklaus Labhardt Chefarzt und Departementsleiter am Universitätsspital Basel

Ein konkretes Beispiel für die Mängel? Als 2022 im Bundesasylzentrum Basel der erste Diphtherie-Fall diagnostiziert wurde, ging es vier Tage, bis die wichtigsten Massnahmen umgesetzt werden konnten, wie Labhardt erläutert. Das grösste Problem aber sei gewesen, dass nicht einmal 20 Prozent der Asylbewerberinnen und -bewerber im Zentrum gegen Diphtherie geimpft gewesen seien. «Und dabei empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit, allen Asylsuchenden im Fall eines unklaren Impfstatus umgehend Nachimpfungen anzubieten.»

Wie sollte es optimal laufen? Im Asylbewerberzentrum werden alle ankommenden Personen als erstes medizinisch gecheckt. Dazu gehört, herauszufinden, ob gewisse Impfungen nachgeholt werden müssen. «Falls der Impfstatus unklar ist oder gewisse Impfungen fehlen, werden die entsprechenden Nachimpfungen auf der Stelle angeboten», so Labhardt. Es gehe dabei sowohl um die individuelle als auch um die öffentliche Gesundheit, indem die Gefahr von Epidemien gesenkt werde. Wichtig sei auch, dass die beim Check gewonnenen Informationen digital erfasst würden und später für die Gesundheitsbehörden jederzeit zugänglich seien.

Wie gross ist das Problem? Laut Labhardt stellt Diphtherie – dank der weit verbreiteten und sehr wirksamen Impfung in der Schweiz – grundsätzlich keine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit dar. Eine solche habe auch durch die Diphtheriefälle im Jahr 2022 in mehreren Asylzentren nicht bestanden. «So lange die Fälle früh erkannt, die Betroffenen isoliert und die Personen in ihrer Nähe früh geimpft werden, besteht keine Gefahr eines grösseren Ausbruchs.» Diese Basis an Gesundheitsversorgung müsse aber in jedem Fall sichergestellt werden, betont der Arzt.

SRF 4 News, 29.4.2024, 06:20 Uhr;

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